Veranstaltung: | AdB-Mitgliederversammlung 2022 |
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Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | AdB-Mitgliederversammlung |
Beschlossen am: | 23.11.2022 |
Basierend auf: | TOP_08: Widerstandsfähigkeit demokratischer Gesellschaften stärken |
Widerstandsfähigkeit demokratischer Gesellschaften stärken
Beschlusstext
Widerstandsfähigkeit demokratischer Gesellschaften stärken
Die Rolle politischer Bildung in Zeiten globaler Krisen
Politische, ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Krisen setzen aktuell
weltweit Demokratien unter Druck. Klimakatastrophe und Naturzerstörung, die
Bewältigung der Pandemie, Aufrüstung und Krieg auch mitten in Europa, globale
Flucht- und Migrationsbewegungen, aber auch die Ambivalenzen der Digitalisierung
stellen riesige Herausforderungen dar, die es zu bewältigen gilt. Bereits jetzt
ist klar, dass die Krisen tiefgreifende Veränderungen bewirken und dass es kein
Zurück zum Status Quo vergangener Jahrzehnte geben wird. Im Gegenteil, es steht
zu befürchten, dass die Gleichzeitigkeit dieser Krisen und ihrer
Herausforderungen zum neuen Normal wird bzw. bereits geworden ist.
Folgen der Krisen
Global sind diese Krisen schon lange spürbar und die Folgen in Deutschland
deutlich zu beobachten. Menschen sind verunsichert und sorgen sich um ihre
Zukunft und die ihrer Kinder. Die soziale Schere geht weiter auseinander,
rechtspopulistische und rechtsextreme Strömungen erfahren deutlichen Zulauf,
überwunden geglaubte nationale Egoismen erwachen erneut, die Glaubwürdigkeit und
Funktionsfähigkeit der Demokratie und ihrer Institutionen wird in Frage
gestellt. Weltweit ist zu beobachten, dass die Zahl demokratisch verfasster
Staaten rückläufig ist.
Multiple Krisen führen auch bei politisch Verantwortlichen zu Verunsicherung und
Entscheidungsdruck. Dies führt zu einem Dilemma zwischen schnell zu treffenden
Entscheidungen und dem notwendigen demokratischen Diskurs sowie zwischen kurz-
und langfristigen Interessen.
Bedeutung für die politische Bildung
Politische Bildung muss sich mit den Fragen beschäftigen, wie sich die aktuellen
Krisen auf das Zusammenleben auswirken, was sie für die Demokratie und das
demokratische Miteinander bedeuten und was es braucht, um handlungsfähig zu
bleiben.
Politische Bildung ist in diesen Zeiten ebenso gefordert wie essentiell.
Unsicherheiten, Emotionen und unterschiedliche Positionen und Realitäten
brauchen professionell begleitete Räume, in denen Wissenserweiterung, Austausch
und Empowerment stattfinden können. Politische Bildung hat das Anliegen und kann
dabei unterstützen, nicht im Krisenszenario zu verharren, sondern dynamische
Prozesse im Sinne handlungsorientierter Lösungsansätze zu ermöglichen.
Was politische Bildung konkret leisten kann
Politische Bildung verstanden als Demokratiebildung, die Menschen zur
politischen Partizipation und zur Gestaltung von Demokratisierungsprozessen
befähigt, ist in Krisenzeiten handlungsfähig:
Öffentliche Räume – digital oder analog – geraten zunehmend unter Druck.
Politische Bildung kann zur Verteidigung, Erhalt und Wiedergewinnung von
Räumen für den demokratischen Diskurs beitragen.
In einer vielfältigen Gesellschaft werden Krisen von Menschen
unterschiedlich wahrgenommen und erlebt. Diese Diversität muss sich in den
Angeboten und Strukturen der politischen Bildung niederschlagen, in dem
verschiedene Perspektiven gleichberechtigt Platz und Gehör finden.
Verunsicherung, Sorge, Mutlosigkeit dürfen und können in Angeboten
politischer Bildung nicht außen vor bleiben. Emotionen müssen ernst
genommen und aufgegriffen werden, (Alltags-)Konflikte und Problemlagen der
Menschen in ihren politischen Dimensionen thematisiert werden.
Krisen dürfen nicht zu Lähmung und Resignation führen. Politische Bildung
kann unterstützen, „anders“ zu denken und Utopien für ein
gesellschaftliches Miteinander zu entwickeln.
Gerade in Krisenzeiten sind fundierte gesellschaftliche
Auseinandersetzungen notwendig. Politische Bildung kann diese Debatten
anstoßen und ihnen Raum geben.
Mit politischer Bildung können Kompetenzen wie Konfliktfähigkeit,
Bereitschaft zum Perspektivwechsel und Empathie gestärkt werden,
Kompetenzen, die notwendig sind, um die demokratische Resilienz zu
stärken.
Die Akteur*innen politischer Bildung können mit ihrem eigenen Handeln
einen Beitrag leisten zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der
Demokratie. Sie können ehrenamtliches und zivilgesellschaftliches
Engagement stärken, Vielfalt in der eigenen Organisation leben und sich
deutlich gegen menschenverachtende Ansichten positionieren.
Politische Bildung kann die Gefahren und menschenverachtenden Konsequenzen
von rechtsextremen und verschwörungstheoretischen Denk- und
Deutungsmustern aufdecken und simplifizierende Krisenerklärungen
dekonstruieren.
Politische Bildung kann dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit demokratischer
Gesellschaften zu stärken. Was sie nicht leisten kann ist es, Ersatz für
politisches Handeln zu sein. Die sozialen Folgen der Krisen müssen auf
politischer Ebene angegangen und gelöst werden.
Politische Bildung kann aber Menschen dabei unterstützen Orientierung zu
erlangen, Selbstbewusstsein aufzubauen und politische Urteils- und
Handlungsfähigkeit zu stärken. Sie kann Wissen über Ursachen und Zusammenhänge
vermitteln, in demokratische Verhaltensweisen einüben, Diskursfähigkeit stärken.
Politische Bildung kann damit einen Beitrag zur Stärkung von Demokratie als
Herrschafts-, Gesellschafts- und Lebensform leisten.